Liebe Blogleser,
es ist nun ein Weilchen vergangen seit meinem letzten Blogartikel. Die letzten Wochen und Monate waren mit vielen Trainings, Vorträgen und Reisen gespickt, so dass ich erst heute dazukomme, Euch von unserem Kurztrip nach London zu berichten.
Fruzsina und ich machten uns kürzlich auf den Weg London ein wenig in Sachen zu erkunden. London wird derzeit mit vielen der wichtigsten Kaffeeinspirationen in Verbindung gebracht, sowie mit der sog. „Coffee Trendiness“ die oft maßgebend für Europa sein soll und seiner schier endlosen Anzahl unterschiedlicher Coffeeshops. Grund genug einmal das kleine Handgepäck zu packen und sich mal in London umzusehen.
Was nun folgt ist wirklich kein wissenschaftlich fundierter Bericht über den Coffeeshop Markt in London als vielmehr eine Ansammlung unzähliger Eindrücke, die wir im Rahmen unseres 1 ½ tägigen Trips aufsaugen konnten.
Schenkt man den Kaffeekennern Glauben, so hat London nicht nur irgendeine eigene Coffee Shop Kultur sondern sogar DIE Coffee Shop Kultur in Europa. Während in vielen Köpfen nach wie vor England als das globale Zentrum der Teekultur gilt. Erschien uns England wie erwartet nicht nur als schöne Hauptstadt, sondern auch in Sachen Kaffee schon fast wie eine „Boomtown“. Der Eindruck liegt nahe, denn buchstäblich an jeder Ecke findet man Coffee Shops – insgesamt sind es 1.700 Läden in London !!!! – eindrucksvoll würde ich sagen. Keine andere Großstadt in Europa hat mehr Kaffeeverkaufsstellen. Und somit darf sich London zumindest in diesem Punkt sich als führende Kaffee-Hauptstadt Europas titulieren.
Natürlich muss erwähnt werden, dass das Stadtbild durch einen nicht unwesentlichen Teil von Coffeeshops der großen bekannten Marken geprägt wird. Die da sind: „Costa´s“, „Nero´s“, „Starbucks“ und „Pret a Mangér´s“.
Aber es gibt eine Vielzahl an kleinen individuellen Coffeeshops, mit eigener Röstung, Straßenverkauf in kultigem, eigenständigem Design und Machart, die ein wirklich besonderes und individuelles Flair versprühen. Und auf die hatten wir es abgesehen. Unsere 7 stündige Tour durch London brachte uns in insgesamt 13 verschiedene Coffeeshops, darunter waren:
- Speakeasy – Espresso & Brew Bar
- Sacred
- Fernandez & Wells
- Flat White
- Princi
- Foxcroft & Ginger
- Store Street Espresso
- Monmouth Coffee Company
- Nude Espresso
In jedem der oben unabhängigen Coffeeshops war es für uns sofort offensichtlich, dass der Röster und der Baristi (oftmals in einer Person), nicht nur der Spezialist sondern wirklich der „Hero“ an der Kaffeemaschine sind. Anders als dies oft bei uns in Deutschland anzutreffen ist. Er oder Sie ist voll und ganz auf den Kaffee, den Kunden und den Genuss fokussiert. Sonst nichts! Der Barista ist der König oder die Kaiserin des Genusses, den er oder sie an einer nicht selten sogar 4-gruppigen Siebträgermaschine zelebriert.
Auffallend auch, dass die Menüboards in Englands Coffeeshops weitaus vielfältiger sind als in Deutschland. Man findet eine herrliche Kombination aus italienischen, österreichischen, australischen und deutschen Kaffeevariationen. In London traut man wohl den Kaffeetrinkern mehr Geschmack zu als hierzulande.
Hier und da gibt es Informationen über den Kaffee und dessen Ursprungsland. Das ist jedoch eher die Ausnahme und Bio und Nachhaltigkeit ist hier im Grunde noch kein Begriff. Da ist der Barista in der Funktion dem Kunden wohl noch wichtiger als ein nachhaltig produzierter Kaffee. Wichtiger ist dabei vielmehr, dass der Kaffee „handmade“ ist und somit sieht an kaum Vollautomaten, sondern eigentlich nur unterschiedlichste Siebträgermaschinen und Brewing-Stations, an denen Filterkaffee für die Kunden frisch aufgegossen wird. Schön ist es, dass Kunden in manchen Coffee-Shops die monatlich wechselnden Angebote von sogenannten „Guest Roasters“ ausprobieren können.
- Welche Filtermethoden werden angeboten? Wie schaut das mit Brewing aus? Wird das angeboten und auch genutzt?
Auch wenn der ein oder andere behauptet, dass „Brewing“ oder „Drip“ schon weitverbreitet sind, so musste ich feststellen, dass erst ein paar einzelne Coffeeshops Drip Coffee (Filterkaffee) anbieten. Wenn sie es tun, dann jedoch sehr erfolgreich. Die Engländer sind es nun mal gewohnt anständig und geduldig in der Schlange zu stehen und zu warten, bis ihnen ein Sitzplatz zugewiesen wird, oder der Drip Coffee fertig ist. Einige bieten nur zu einem bestimmten Wochentag die Filtermethoden an. D.h. auch in London arbeitet man noch an dem Projekt Filterkaffee, denn eins ist klar, für einen Filterkaffee sollte man doch etwas Zeit mitbringen. Aber die investiert man gerne für die hervorragend zubereiteten „Drips“
Ansonsten sind die Londoner Meister im Flat White, einer australischen Kaffeespezialität, die jedoch von Barista zu Barista anders interpretiert wird. Und guter Letzt wird in einigen Coffeeshops sehr oft im bodenlosen Siebträger Espresso zubereitet, d.h. es werden nur Doppelshots angeboten. Dort geht es um guten Kaffeegeschmack und weniger um Wareneinsatz.
- Liegt der Schwerpunkt auf Kaffee oder Snacks?
Es kommt darauf an, in welchen Coffeeshop man geht bzw. auf welchem Konzept der Store vorrangig basiert. Auf jeden Fall sind die kleinen Snacks aus der Coffeeshop Szene nicht mehr wegzudenken. Der Trend ist eindeutig jedoch zu einer „Fullday Kitchen“, der Coffeshop User richtet sich nicht mehr allein nach Frühstück, Brunch oder Mittagessen. Es wird den ganzen Tag gespeist und „gesnackt“, ob süß oder herzhaft, warm oder kalt. Wichtig ist den Engländern die Nähe, bzw. die Bequemlichkeit der Erreichbarkeit der Coffeeshops, gleich gefolgt von der Kaffeequalität. Dieses in möglichst gleichmäßiger Qualität mit einem Kundenorientierten Service ist der Erfolgsgarant für die Zukunft. Den Engländern ist es enorm wichtig, dasss der Kaffee „handmade“ zubereitet wird und unter Umständen mit einem hervorragenden Milchschaum gekrönt wird. Darin besteht bei uns in Deutschland noch sehr viel Verbesserungspotential.
- Was gibt es dort, was es bei uns nicht gibt?
Alles in Allem sind uns die Engländer bei weitem Voraus, was Kaffeequalität und dessen Zubereitung betrifft. Nicht zuletzt, weil sie seit langem schon erkannt haben, dass es einer fundierten Ausbildung und eines hervorragenden Trainings bedarf, um an der Siebträgermaschine höchste Produktqualität produzieren zu können. Viele Baristi dürfen erst nach Wochen und Monaten alleine an der Maschine arbeiten. Die großen Ketten sind in vielen professionellen Abläufen den kleinen individuellen Shops ein Vorbild. Bei den kleineren individuellen Shops, hat man jedoch den Eindruck, dass die Qualität und das Image eine vorrangige Rolle einnimmt.
Auf jeden Fall wird das Thema Kaffee in der heutigen Wirtschaft immer wichtiger, nicht zuletzt erkennt man es an dem Interesse, dass sogar die Financial Times immer öfter über das Thema Kaffee und Barista Artikel veröffentlicht. Bei den sog. „Cityslickers“ ist das Thema Kaffee angekommen, es ist nicht mehr nur ein Thema der Studenten und Unis, nein auch in der Nähe der Börsen ist das Thema der Koffeinversorgung mit Genuss im Trend. Wenn wir diesem Trend folgen wollen, ist es jedoch wichtiger denn je, gute und professionelle Baristi auszubilden. Wir müssen diesen jungen Baristi jedoch eine Karriere in Aussicht stellen. Dann können wir konstante Qualität bieten und halten langfristig das Wissen im Unternehmen. So wie es die Engländer und vormachen.